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14 Millionen Euro für Nachhilfe alleine Oberösterreich

 Helfen bei der Hausübung, Lernen nach der Schule, Üben für den Test, Wiederholen in den Ferien – wer Schulkinder hat, weiß, welche Aufgaben das österreichische Schulsystem den Eltern aufbürdet. Zum hohen zeitlichen Aufwand kommen oft auch noch hohe Kosten: 14 Millionen Euro haben oberösterreichische Eltern im vergangenen Schuljahr für Nachhilfe ausgegeben. „Wir brauchen einen raschen Ausbau des kostenlosen Förderunterrichts und Ganztagsschulen, die mehr bieten als nur Nachmittagsbetreuung“, fordert deshalb AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.  

Laut der IFES-Nachhilfestudie 2017 im Auftrag der Arbeiterkammer helfen mehr als 60 Prozent der Eltern ihren Kindern in schulischen Belangen. 16 Prozent der befragten Eltern lernen mehrmals pro Woche mit ihren Kindern, 25 Prozent sogar täglich. Bei den Eltern von Volksschulkindern sind es sogar 50 Prozent, die täglich „Schularbeit“ leisten – und das in vielen Fällen neben Job und Haushaltsarbeit. Kein Wunder, dass 70 Prozent aller Eltern von einer Belastung für die ganze Familie sprechen. 

Besuchen die Kinder eine weiterführende Schule, wird es für viele Eltern zunehmend schwer, fachliche Unterstützung zu leisten. Nachhilfe von außen ist allerdings teuer. Die Studie zeigt außerdem, dass der persönliche Lerneinsatz der Eltern trotz Nachhilfe unverändert groß bleibt. Hier konstatiert die Arbeiterkammer ein Versagen des Bildungssystems. Die Schule verlässt sich zu sehr auf die Leistungen der Eltern, der soziale Ausgleich bleibt dabei auf der Strecke. Ein Teufelskreis: Gerade Eltern ohne höhere Schulbildung können ihren Kindern in schulischen Belangen nicht helfen. Gerade sie haben aber oft geringere Haushaltseinkommen und können sich daher teure Nachhilfe nicht leisten. 

Etwa die Hälfte der Eltern, die für ein Kind Nachhilfe bezahlen, fühlt sich dadurch stark oder zumindest spürbar finanziell belastet. Im Durchschnitt geben betroffene Eltern in Oberösterreich rund 660 Euro im Jahr für Nachhilfe aus – das sind um 30 Euro mehr als im Jahr zuvor. Insgesamt betrugen die Nachhilfekosten in Oberösterreich im Schuljahr 2016/17 nicht weniger als 14 Millionen Euro. Bundesweit waren es 100 Millionen Euro. Knapp 20 Prozent der befragen Eltern gaben an, dass ihr Kind externe Nachhilfe in Anspruch genommen hat. Fünf Prozent der Eltern sagten, ihr Kind hätte zwar Nachhilfe gebraucht, sie hätten sich das aber nicht leisten können. 

Wenig überraschend zeigt die Studie auch, wer in den Familien die Lernhilfe übernimmt – es sind zu 83 Prozent die Mütter. „Auch hier wird eine gesellschaftliche Aufgabe als unbezahlte Arbeit an die Frauen delegiert“, kritisiert AK-Präsident Kalliauer.

Die Nachhilfestudie zeigt jedenfalls einmal mehr sehr deutlich, dass Bildungschancen und Bildungshürden in Österreich nach wie vor in hohem Ausmaß vererbt werden. Der große Bedarf an Nachhilfe schreibt die Bildungsungerechtigkeit in unserem Schulsystem fort. Der Selektionsdruck zwingt bereits Eltern von Volksschulkindern, viel Zeit und Geld in den schulischen Erfolg zu investieren.

„Wir brauchen ein Schulsystem, das quer über alle Schultypen ausreichend Zeit zum Üben und Lernen bietet und damit sowohl die teure Privatnachhilfe als auch das übermäßige Engagement der Eltern überflüssig macht“, so Kalliauer. Das bedeutet: mehr kostenloser Förderunterricht an den Schulen, mehr echte Ganztagsschulen mit einer verschränkten Abfolge von Unterricht, Freizeit und Förderung.



Foto: Shutterstock/SpeedKingz