80 Prozent der Scheidungen aufgrund von Ehebruch
Die Anzahl der Scheidungen in Österreich ist laut neuesten Zahlen der Statistik Austria im Vorjahr um 0,8 Prozent gestiegen. „Im Großen und Ganzen ist die Lage also stabil“, kommentiert der erfahrene Scheidungsanwalt Clemens Gärner von der Kanzlei Gärner Perl Rechtsanwälte. „Dennoch beobachten wir spannende Entwicklungen.“
Gemeinsam haben die Kanzleigründer Clemens Gärner und Susanna Perl-Böck alleine 2018 mehr als 100 Scheidungen begleitet. Nach wie vor der Spitzenreiter unter den Scheidungsgründen ist ein neuer Partner beziehungsweise eine Affäre. Gärner sagt: „Wir schätzen, dass Ehebruch bei etwa 80 Prozent unserer Fälle Thema ist. Für etwas, das so häufig vorkommt, herrscht ein erstaunliches Unwissen darüber, ab wann das eigene Verhalten ein rechtliches Nachspiel haben kann. Es muss zum Beispiel nicht zwangsläufig zu Sex kommen – auch der intensive Kontakt zu einer anderen Person als dem eigenen Ehepartner gilt als schwere Eheverfehlung, sofern er für diesen als ehestörend wahrgenommen wird,.“ Das ist zwar nicht strafbar, ist aber ein Grund für die Einleitung einer schuldhaften Scheidung und hat damit auch Auswirkungen auf die Unterhaltszahlungen.
Auf Platz 2 und 3 der häufigsten Scheidungsgründe liegen gegenseitige Entfremdung („Auseinanderleben“) und mangelnde Wertschätzung bzw. unerfüllte Erwartungen an den Partner.
Unversperrte Handys werden zum Verhängnis
Wesentlich verändert hat sich in den vergangenen Jahren die Bedeutung von digitaler Kommunikation in Scheidungsverfahren. WhatsApp- oder SMS werden immer mehr Ehebrüchigen zum Verhängnis. „Die meisten Affären kommen durch Sorglosigkeit ans Licht. Handys werden unversperrt gelassen oder der Ehepartner kennt den Zugangscode. Dazu kommt, dass Screenshots oder Fotoaufnahmen mit dem Handy, selbst Videoaufzeichnungen, nicht nur ein praktisches, sondern auch beliebtes Mittel geworden sind, um bei Gericht seinen Standpunkt zu beweisen“, schildert Gärner. Besonders unangenehm ist es für den betrügenden Ehegatten, wenn dank WhatsApp, Facebook & Co auch der Name der Affäre offen liegt und diese als Zeuge oder Zeugin geladen wird. „Als Zeuge vor Gericht lügen ist keine gute Idee. Bei Falschaussage droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.“
Im Scheidungsverfahren selbst hat die Häufigkeit der Streitigkeiten rund um Immobilien deutlich zugenommen. „Aufgrund von Erbschaften ist mehr Liegenschaftsbesitz im Spiel, als noch vor einigen Jahren. Diese werfen als Scheidungsgut komplexere Fragen auf, zum Beispiel, wie die Wertsteigerung der Immobilie nach einer gemeinsamen Dachbodensanierung gehandhabt wird“, schildert Gärner.
Während also – Stichwort Affären – in mancher Hinsicht alles beim Alten bleibt, sind Scheidungsverfahren in den vergangenen Jahren doch komplexer geworden. Der Experte rät: „Wir können also nur empfehlen, rechtzeitig rechtliche Hilfe zu holen, bevor eine Scheidung im Raum steht – etwa, um bei vorhandenem Vermögen einen Ehevertrag abzuschließen oder um überhaupt Klarheit über die Besitzverhältnisse zu schaffen.“
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