Wenn Kinder sterben – wie Kinderhospizarbeit gelingt
Joan Marston, Präsidentin des Internationalen Kinderhospiznetzwerks icpcn, erinnerte bei der Eröffnung des 1. Pädiatrischen Hospiz- und Palliativkongresses in Österreich daran, dass Palliative Care von den Vereinten Nationen als Menschenrecht anerkannt wird. „21 Millionen Kinder auf der Welt brauchen Palliative Care, nur 1% erhält sie. Kinder leben in verschiedenen Ländern unter verschiedenen politischen, kulturellen, ökonomischen Gegebenheiten, ihre Grundbedürfnisse sind jedoch immer dieselben: geliebt zu werden, umsorgt zu werden, sich zu entwickeln und zu spielen.“
Jedes schwerstkranke Kind hat einen Anspruch auf ein Leben in Würde. In Österreich geht man davon aus, dass jährlich rund 1.000 Kinder und Jugendliche samt ihren Familien die Unterstützung von spezialisierten Kinderhospiz- und Palliativangeboten benötigen. Der Bedarf ist also groß.
Waltraud Klasnic, Präsidentin Dachverband Hospiz Österreich: „Hospiz-und Palliativbetreuung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Österreich zu entwickeln, ist das große Anliegen des Dachverbandes Hospiz Österreich. Der 1. Pädiatrische Hospiz- und Palliativkongress Österreichs ist auf diesem Weg ein großer Schritt und macht sichtbar mit wie viel Expertise, Engagement und Vernetzung gearbeitet wird. Was wir jedoch dringend benötigen, ist eine öffentliche Finanzierung, damit es nicht von Spendenaufkommen abhängt, ob und wie schwerstkranken und sterbenden Kindern und ihren Familien geholfen werden kann.“
Dr.in Martina Kronberger-Vollnhofer, Kinderhospizbeauftragte im Dachverband Hospiz Österreich und Leiterin von Wiens mobilem Kinderhospiz MOMO, gibt Einblick in die Situation Betroffener: „Die Auseinandersetzung mit Krankheit, Tod und Trauer trifft Eltern schwerstkranker Kinder in einer Zeit, die üblicherweise von Träumen und Wünschen für die Zukunft geprägt ist. Betroffene Familien sind konfrontiert mit Sorgen und Ängsten, aufwändiger Pflege des schwerstkranken Kindes, zu wenig Zeit für gesunde Geschwister und soziale Kontakte sowie finanziellen Belastungen. Wir können diesen Familien ihr Schicksal nicht nehmen. Es ist aber unsere menschliche und gesellschaftliche Pflicht, sie auf ihrem schweren und oft langen Weg zu begleiten und ihre Interessen bestmöglich zu vertreten.“
„Für die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde hat die Mitarbeit am Kongress und die Unterstützung der Palliativmedizin eine hohe Priorität.“, bekräftigt Univ. Prof. Dr. Wolfgang Sperl, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde. „Wir bringen damit die Wertschätzung für die betroffenen Kinder und Familien zum Ausdruck. Kinder mit Krebserkrankungen sind in der Öffentlichkeit am bekanntesten. Die vielen Kinder und Jugendlichen, die an Muskelerkrankungen, neurologischen oder Stoffwechselstörungen leiden oder andere schwere Behinderungen haben, erfahren meist wenig Verständnis und Unterstützung. Da es sich immer wieder um seltene Krankheiten handelt, gehen Eltern oft einen langen Weg bis zur richtigen Diagnose und Behandlung.“
Gelingende Hospiz- und Palliativbetreuung ist multiprofessionelle Teamarbeit"Die Qualität der palliativen Betreuung von schwerkranken Kindern und ihren Eltern hängt in erster Linie vom Funktionieren der Teamarbeit ab! Nur wenn die medizinische, pflegerische und psychosoziale Versorgung sowie die ehrenamtliche Begleitung Hand in Hand gehen, kann wirklich geholfen werden.", betont Dr. Harald Retschitzegger MSc, Präsident der Österreichischen Palliativgesellschaft. Dr.in Sabine Fiala-Preinsberger ergänzt aus der Erfahrung des Universitätslehrgangs Palliative Care in der Pädiatrie, dessen 10jähriges Bestehen am 14.9.2016 abends gefeiert wird: „Die palliative Versorgung kann nicht von einer Person an einer Abteilung oder in einem Team allein geleistet werden, sondern ist eine Haltung, die von allen getragen werden muss, vor allem auch von den jeweiligen Vorgesetzen. Es reicht also nicht, nur eine Person eines Teams in die Ausbildung zu schicken.“
Versorgungssituation in ÖsterreichMag.a Leena Pelttari MSc, Geschäftsführerin im Dachverband Hospiz Österreich und Mitglied im Leitungsteam des Universitätslehrgangs Palliative Care, gibt einen Überblick über die bestehenden Einrichtungen in Österreich: Mit Ende 2015 gab es in Österreich 7 Mobile Kinder-Palliativteams in den Bundesländern NÖ, OÖ, Salzburg, Steiermark und Wien und 9 Kinder-Hospizteams in den Bundesländern Burgenland, NÖ, OÖ, Salzburg, Steiermark, Vorarlberg und Wien. Der Bedarf liegt bei mindestens 1 Kinder-Hospizteam und 1 Mobilen Kinder-Palliativteam je Bundesland, d.h. aktuell fehlen in 4 bzw. 2 Bundesländern diese Teams. Ein Stationäres Kinderhospiz mit psychosozialer Ausrichtung gibt es im Burgenland, 1 Kinder-Hospizplatz in NÖ. Der Bedarf sind 2 bis 3 Standorte in Österreich. Pädiatrische Palliativbetten sollte es an jeder Kinder-/Jugendabteilung in Österreich (dzt. 43 Abteilungen) geben. Aktuell besteht 1 Standort mit 3 Betten in NÖ.
Als Vertreterin für Kinderhospizarbeit im Hospiz- und Palliativforum der Bundesregierung ist ihr die Sicherstellung der Finanzierung der schon bestehenden und noch benötigten Einrichtungen, die oft auf Spenden angewiesen sind, ein besonderes Anliegen.
Foto: Shutterstock/Oksana Kuzmina