Hilfe für Kinder mit genetisch bedingter Herzschwäche
Eine Herzschwäche ist oft genetisch bedingt und erfordert bei vielen Betroffenen eine Herztransplantation. Das Barth-Syndrom ist eine der Erbkrankheiten, die zu dieser krankhaften Veränderung des Herzmuskels führt. Es betrifft nur Jungen und tritt schon im frühen Kindesalter auf. Einen wichtigen neuen Einblick in den Krankheitsmechanismus hat jetzt das Forschungsteam um Prof. Dr. Christoph Maack entdeckt. Die durch den Gendefekt beeinträchtige Energiegewinnung der Herzmuskelzellen hängt mit dem Calciumhaushalt zusammen, wie die Forscher vom Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg (DZHI) jetzt herausgefunden haben. Für die Vorstellung der ersten Forschungsergebnisse wurde der Doktorand Edoardo Bertero jetzt beim Winter Meeting der Heart Failure Association der ESC (European Society of Cardiology) in der Schweiz mit dem Young Investigator Award ausgezeichnet.
Frühere Arbeiten deuteten bereits darauf hin, dass eine Störung der Atmungskette in den Kraftwerken der Zelle, den Mitochondrien, bei den Patienten mit Barth-Syndrom die Entwicklung der Herzschwäche zur Folge hat. Denn das Barth-Syndrom geht auf einen Defekt des Tafazzin-Gens zurück. Dieser Gen-Defekt beeinträchtigt die Produktion von Cardiolipin, einem wichtigen Bestandteil der Mitochondrienmembran. Ein Mangel an Cardiolipin stört nach bisherigen Erkenntnissen die Aneinanderreihung der Atmungskette in der Mitochondrienmembran, wodurch weniger Energie in Form von ATP (Adenosintriphosphat) produziert wird. Gleichzeitig gleiten Elektronen ab und produzieren gefährliche Sauerstoffradikale. Der Energiemangel und der „oxidative Stress“ beeinträchtigen die Herzfunktion.
Calciumdefekt = weniger Energie + mehr Sauerstoffradikale
Da ein wichtiger Prozess an der Mitochondrienmembran auch der Transport von Calcium über Kanäle ist, nahm die Arbeitsgruppe um Christoph Maack vom Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg (DZHI) das Zusammenspiel zwischen den Calciumspeichern der Zellen und den Mitochondrien genauer unter die Lupe. Denn sowohl die Energie-Produktion als auch die Entgiftung von Sauerstoffradikalen ist auf die Aufnahme von Calcium angewiesen. Und tatsächlich: In Untersuchungen von Mäusen, die einen vergleichbaren Defekt des Tafazzin-Gens hatten wie Patienten mit Barth-Syndrom, stellte sich heraus, dass den Defekten in der Atmungskette eine frühe und deutliche Beeinträchtigung der Calciumaufnahme in Mitochondrien vorausgeht. „Die fehlende Calciumaufnahme beeinträchtigt die notwendige Aktivierung des Citratzyklus, welcher Elektronen für die ATP Herstellung an der Atmungskette, aber auch für die Entgiftung von Sauerstoffradikalen herstellt. Hierdurch kann die defekte mitochondriale Calciumaufnahme sowohl das Energiedefizit als auch den oxidativen Stress erklären, die bei der Erkrankung typischerweise beobachtet werden“, erklärt Christoph Maack.
Herzschwäche ist dominantes Merkmal des Barth-Syndroms
Edoardo Bertero fügt hinzu: „Interessant war bei den Arbeiten, dass wir diesen Calciumdefekt ausschließlich in den Mitochondrien der Herzmuskelzellen, aber nicht in den Mitochondrien der Skelettmuskeln oder des Gehirns beobachtet haben“, erklärt Edoardo Bertero vom DZHI. „Dies könnte erklären, warum die Herzschwäche ein dominantes Merkmal des Barth-Syndroms ist. Da dieser Befund auch in Stammzellen von Patienten mit Barth Syndrom bestätigt wurde, glauben wir, dass dieser neue und weitreichende Befund auch für den Menschen gilt. Daher könnte die Regulierung der gestörten Calciumaufnahme ein vielversprechendes therapeutisches Ziel für die Behandlung dieser Krankheit sein.“
DZHI untersucht auf Mitochondrien abzielende Therapie-Ansätze
Ein mögliches Therapiekonzept sind Medikamente, die in Mitochondrien aufgenommen werden und dort den oxidativen Stress verringern. „Eines dieser Medikamente ist derzeit bereits in klinischer Erprobung bei Herzschwäche und bindet an Cardiolipin, dem Membranbestandteil, der beim Barth Syndrom verändert ist“, berichtet Christoph Maack. „Es ist derzeit aber noch unklar, ob dieses Medikament bei der Erkrankung wirksam ist. Diesen und andere auf Mitochondrien abzielende Therapieansätze wollen wir in den nächsten Jahren am DZHI genauer untersuchen.“
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